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Apokalypse und Advent

Apokalypse und Advent

Warum wir dagewesen sein werden | Peter Strasser

Buch
2022 Sonderzahl
Auflage: 1. Auflage
192 Seiten; 21 cm x 13.5 cm
ISBN: 978-3-85449-607-6

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Peter Strasser, lehrte und forschte am Institut für Rechtsphilosophie, Rechtssoziologie und Rechtsinformatik an der Karl-Franzens-Universität Graz. Seit Oktober 2015 befindet er sich im Ruhestand. Er ist weiterhin im philosophischen Lehr- und Publikationsbetrieb tätig, darüber hinaus schreibt er regelmäßig für in- und ausländische Zeitungen und Journale. 2014 erhielt er den Österreichischen Staatspreis für Kulturpublizistik.

Hauptbeschreibung
Von den zahlreichen Büchern, die der Philosoph Peter Strasser im Laufe seines Lebens geschrieben hat, ist Apokalypse und Advent sicherlich sein persönlichstes. Befreit von akademischen Anforderungen, die immer auch Fesseln sind, scheut er sich nicht, die Ich-Form zu verwenden, ein Ich ins Spiel zu bringen, das sich nicht als ein Anderer versteht – und das eigene Schreiben prüfend zu reflektieren: »Oft schon habe ich versucht, mich, in meiner Grübelei, meinem Schreibfluss innehaltend, von mir selbst zu distanzieren. Immer schwerer wog der Verdacht, der mir beim Schreiben folgte wie ein böser Schatten: Waren nicht gerade meine zentralen Überzeugungen, statt Ausdruck einer tieferen, geistigen Realität zu sein, bloß herbeigeschrieben?«Natürlich bleibt Peter Strasser auch in diesem Werk seinem zentralen Thema verbunden: einen Ausweg aus dem Gefängnis der Immanenz und dem Irrgarten der Transzendenz zu finden. So kreist sein Denken um Begriffe, die wie aus der Zeit gefallen scheinen: Schöpfung – Paradies – unbefleckte Empfängnis – Blickwinkel Gottes … und die Unausweichlichkeit der Mythen, die sich wie ein roter Faden durch sein Werk ziehen: »Durch die Vermittlung des Mythos, der alle Zeit aufhebt, entsteht uns eine Ahnung«. Die Wendung »wie aus der Zeit gefallen« lässt sich mit den Worten Peter Strassers somit auch ins Poetische übersetzen: »Es ist, als ob die Zeit den Atem anhielte.«Der Untertitel von Apokalypse und Advent hebt mit einem Fragewort an: Warum – endet aber nicht fragend mit einem Fragezeichen, sondern präsentiert sich als eine in einer vergangenen Zukunft endenden Mutmaßung: Warum wir dagewesen sein werden – ohne Punkt, ohne Ausrufezeichen. Peter Strasser stellt sich eben nicht die naheliegendere, aber letztendlich bedeutungslose Frage Wozu?, sondern sucht einen Sinn unserer Existenz über unsere Endlichkeit hinaus, ja über die Endlichkeit unserer gesamten Gattung, über die Endlichkeit des Kosmos hinweg. Für Strasser ist der Advent des Philosophen eine Zeit des Ahnens, eines Ahnens jedoch, das nicht bloß herbeigeschrieben oder gewünscht wird, sondern unserer ambivalenten Gegenwart abgelauscht ist. Für den Grazer Philosophen bestimmt die Tragweite der Fragestellung bereits über die Möglichkeit eines Antwortens: »Erst unter einer solcherart heilsgeschichtlichen Perspektive werden wir wahrhaft dagewesen sein.«

Warum spendet das herannahende Weihnachtsfest so vielen, die sich formal noch christlich nennen, keinen Trost mehr? Das ist auf den ersten Blick eine einfache Frage. Wir haben den Glauben an die »Ankunft des Erlösers« längst verloren, auch wenn wir äußerlich die Texte sprechen und die kultischen Handlungen vollziehen, die dieses Ereignis vorbereiten. Noch nie war unsere christlich geprägte Welt so voller Weihnachtsramsch wie in unserer Gegenwart.Aber der Ramsch ist ohne Geheimnis. Er soll bestenfalls eine Stimmung eine Zeitlang auf Dauer stellen, die ein Gemisch aus mitmenschlichem Wohlbefinden und Wohlbefindens-Stress transportiert. Auf den Weihnachtsmärkten riecht es nach Punsch und Kuschellaune, nicht nach Weihrauch. Für diesen sind die Kirchen zuständig, die hierorts fast leer stehen, einmal abgesehen von den Messen und Metten, die man zu Heiligabend besucht, weil jenes Ritual eben dazugehört.An diesem Punkt der Betrachtung droht die übliche kritische Kommentierung der verweltlichten Zustände in einer verweltlichten Lebenswelt zur gedankenlosen Leier zu werden, zu einem Zivilisationsverdrossenheitsrad, das im Grunde nichts mehr dreht. Sie führt zu nichts, höchstens zu einer im Übrigen wirkungslosen kleinen Entlastungsoffensive auf dem Papier. Wir sollten das alles vergessen, dieses ganze »Es war einmal, es ist nicht mehr«. Wir sollten aus dem Endlos- »Diskurs« über Mängelerscheinungen der Moderne und sogenannten Postmoderne aussteigen. Wir sollten ihn beenden, uns umdrehen und weggehen. Freilich, kaum dass wir uns umgedreht haben – es zumindest versuchten, indem wir mit dem Gedanken spielten –, steht schon der Skeptiker vor uns, der wir selbst sind, unser Avatar, um uns zu fragen: »Wohin soll’s denn gehen?«