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Glanz und Größe

Der Aufbruch Europas 1648 – 1815 - Mit 30 zum Teil farbigen Abbildungen | Tim Blanning

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2022 Deutsche Verlags-anstalt; Penguin Books
928 Seiten; Mit 30 z.T. farbigen Abbildungen
ISBN: 978-3-641-26042-2

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Kurztext / Annotation
Die Geburt des modernen Europas: ein Epochengemälde als »Sternstunde der Geschichtsschreibung« (Literary Review)
Tim Blannings Geschichte Europas erstreckt sich vom Ende des Dreißigjährigen Kriegs bis zum Wiener Kongress und zeichnet detailliert, höchst unterhaltsam und mit großer erzählerischer Kraft das Bild eines Zeitalters in tiefgreifendem Wandel - wirtschaftshistorisch, machtpolitisch, kulturell, militärisch. Neben großen Persönlichkeiten wie Louis XIV., Friedrich II., Napoleon, Voltaire oder Newton und den Eliten an Europas Höfen kommen immer wieder auch die Alltagssorgen und Nöte der niederen Stände in den Blick, die sich schließlich in der Französischen Revolution Bahn brechen sollten. Die Leichtigkeit, mit der Blanning die Perspektive zwischen den Kulturen wechselt, und die Fülle der verarbeiteten Fakten weisen den Autor als Meister seines Fachs und einen der bedeutendsten Historiker unserer Zeit aus. »Eine Sternstunde der Geschichtsschreibung« Literary Review

Mit 30 zum Teil farbigen Abbildungen

Tim Blanning war bis zu seiner Emeritierung 2009 Professor für Neuere europäische Geschichte an der Universität Cambridge. Sein Forschungsschwerpunkt ist die Politik- und Kulturgeschichte Europas im 18. und 19. Jahrhundert (u.a. »Das Alte Europa 1660 - 1789«, 2006). Dabei widmet er sich auch immer wieder deutschen Themen wie in seiner gefeierten Biografie »Friedrich der Große« (2018), wofür er u.a. mit der British Academy Medal ausgezeichnet wurde. Zuletzt ist von ihm bei C. Bertelsmann erschienen »Triumph der Musik. Von Bach bis Bono« (2010).



Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Einleitung

Jede Geschichte Europas muss - wenn man nicht gerade den Versuch unternehmen will, die gesamte Geschichte der Menschheit seit dem Aufstieg des Homo sapiens zu erzählen - zu einem willkürlich gewählten Zeitpunkt einsetzen. Doch manche Zeitpunkte sind willkürlicher als andere. Dummerweise kommt es vor, dass eine Jahreszahl innerhalb einer bestimmten Epoche für ein Feld menschlicher Aktivität bedeutsam, für ein anderes dagegen weitgehend irrelevant ist. So glich 1789 auf dem Gebiet der Politik einem Donnerschlag, für die Musik und die bildende Kunst jedoch kaum dem Piepsen einer Fledermaus. Nicht anders sieht es mit 1648 aus. Auf den ersten Blick erscheint das als sinnvoller Ausgangspunkt, da in diesem Jahr der Westfälische Friede geschlossen wurde und damit ein Krieg sein Ende fand, der dreißig Jahre gedauert und in Europa mehr Verwüstung hinterlassen hatte als alle Konflikte zuvor. Zudem gelang mit ihm die Klärung von mindestens zwei großen Streitfragen, einigte man sich doch auf die Anerkennung der Unabhängigkeit der Vereinigten Niederlande von Spanien und auf eine Ordnung des deutschsprachigen Europa, die eineinhalb Jahrhunderte Bestand haben sollte. Noch wichtiger war, was der Einigung in diesen beiden Punkten zugrunde lag: die Erkenntnis, dass der konfessionelle Pluralismus von nun an ein Dauerzustand sein würde. Die Fanatiker unter Katholiken wie Protestanten mochten jeweils weiterhin vom Triumph des einzig wahren Glaubens träumen, doch das 1648 anerkannte Patt wurde nie wieder ernsthaft in Frage gestellt.

Für das Jahr, mit dem dieser Band einsetzt, gibt es also gute Gründe; man muss sich aber auch vor Augen führen, dass die Westfälische Friedensordnung ebenso viele Streitfragen offenließ wie beigelegt wurden. Der Krieg zwischen Spanien und Frankreich flackerte immer wieder auf, bis 1659 der Pyrenäenfriede geschlossen wurde, und ganz zu Ende war er im Grunde erst, als die Bourbonen 1714 international als Erben des spanischen Königsthrons anerkannt wurden. Im Norden und Osten waren die Dinge weiterhin in Bewegung, denn die Vormachtstellung Schwedens wurde bald von der einen, bald von einer anderen Großmacht in Frage gestellt, was zu einer verwirrenden Abfolge von Kriegen führte, die erst 1721 mit dem Frieden von Nystad endete. Die beiden Entwicklungen, die der internationalen Politik im Weiteren ihren Stempel aufdrücken sollten, waren der »Zweite Hundertjährige Krieg« zwischen England und Frankreich, der erst 1688 ausbrach, und die Expansion Russlands, die erst 1695 einsetzte. Die weitere innenpolitische Entwicklung war im Grunde noch ungewisser. In Frankreich begannen 1648 die Bürgerkriege (die »Fronde«), und in England wurde 1649 eine Republik ausgerufen, was zur Hinrichtung Charles' I. führte. Die sehr unterschiedlichen Lösungen dieser Konflikte mussten bis zum Beginn der »Alleinherrschaft« Louis' XIV. 1661 beziehungsweise bis zur »Glorious Revolution« von 1688 warten.

Es gab 1648 also unabgeschlossene Entwicklungsstränge, und 1815 sollte es nicht anders sein. Die folgenden Kapitel stellen den Versuch dar, die einzelnen Fäden zu einem Leitfaden durch das Labyrinth zusammenzuspinnen, der in sich stimmig ist, ohne ins Schematische zu verfallen. Eine übergeordnete Erzählung, wie Hegel oder Marx - oder auch die fortschrittsoptimistischen Whig-Historiker - sie ausgearbeitet haben, wird der Leser vergebens suchen, aber es werden doch bestimmte Entwicklungslinien erkennbar. In der Politik war die augenfälligste davon der unaufhaltsame Marsch des Staates Richtung Hegemonie. Im Jahr 1815 war der Anspruch des Staates, alleiniger Gesetzgeber zu sein und innerhalb seiner Grenzen Gefolgschaft einfordern zu können, in den meisten Teilen Europas, wenn nicht gesetzlich verankert, so in der Praxis doch unangefochten. Zwar gab es eine reiche Palette an Verfassungsformen, von der Demokratie bis zur Autokratie, doch zugrunde lag ihn