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Die Singuläre FrauOverlay E-Book Reader

Die Singuläre Frau

Katja Kullmann

E-Book
2022 Carl Hanser Verlag Gmbh & Co. Kg
Auflage: 1. Auflage
224 Seiten
ISBN: 978-3-446-27365-8

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Kurztext / Annotation
In dem Bestseller 'Generation Ally' beschrieb Katja Kullmann, warum es so kompliziert ist, eine Frau zu sein. Zwanzig Jahre später erzählt sie, wie es ist, eine Frau ohne Begleitung zu sein.
Sie ist die Frau, der man nachsagt, dass sie kein Glück in der Liebe hat. Diejenige, die ihr Leben alleine regelt. Die Frau ohne Begleitung. Vom Bürofräulein der Weimarer Republik bis zur angeblich einsamen Akademikerin der Gegenwart - sie ist die wahre Heldin der Moderne: die Singuläre Frau.
Kurz vor ihrem fünfzigsten Geburtstag stellt Katja Kullmann fest, dass auch sie so eine geworden ist: ein Langzeit-Single. Die Erkenntnis ist ein kleiner Schock. Dann eine Befreiung. Und ein Ansporn - nicht nur für die schonungslose Selbsterkundung, sondern auch für eine Spurensuche. Welche literarischen, sozialen und popkulturellen Zeugnisse hat die Frau ohne Begleitung hinterlassen? Und wie könnte ihre Zukunft aussehen? Leidenschaftlich und eigensinnig führt Katja Kullmann uns zu einer radikalen Neubewertung der alleinstehenden Frau.

Katja Kullmann, 1970 geboren, lebt als Essayistin, Erzählerin und Journalistin in Berlin. Am liebsten schreibt sie über soziales Statusgerangel, Geschlechterfragen, die Arbeitswelt und die Populärkultur. Für den Bestseller Generation Ally. Warum es heute so kompliziert ist, eine Frau zu sein erhielt sie 2003 den Deutschen Buchpreis. Die Singuläre Frau ist ihr fünftes Buch.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

ENDLICH ANGEKOMMEN

Vielleicht beginnt die Geschichte, die ich erzählen will, an der Guillotine, mit der Hinrichtung einer zornigen Single Mom, vor Hunderten von Schaulustigen, mitten in Paris.

Vielleicht startet sie in den Studierzimmern ehrgeiziger höherer Töchter an der Ostküste der USA.

Vielleicht nimmt sie in der europäischen Fischerei- und Textilindustrie ihren Lauf, in den überbelegten, schlecht belüfteten, kaum beheizten Unterkünften hart arbeitender Fabrikfrauen.

Vielleicht beginnt sie damit, dass ich als Grundschulkind lieber Cordhosen trug als Rüschenkleider, weil ich zu oft die »Rappelkiste«16 im TV geschaut hatte, eine optimistische Siebzigerjahresendung, in der Mädchen und Jungs gemeinsam im Matsch spielten, fast alle trugen sie androgyne Topfschnittfrisuren, von Weitem konnte man sie kaum unterscheiden, und sie kamen bestens miteinander klar.

Oder damit, dass junge Männer mich, als ich achtzehn, neunzehn war, wohl vor allem deshalb als Girlfriend in Betracht zogen, weil ich keine Tussi war, wie sie es ausdrückten, damals, bei uns in Hessen, abschätzig gegenüber anderen jungen Frauen, voll des Lobes für mich, mit der sie über Musik reden konnten wie mit einem Mann. Ich war keine, die an ihnen hing wie eine Klette, so sprachen sie, sondern eine, die garantiert keine roten Rosen, keinen Liebesbrief, keinerlei Extras zum Valentinstag erwartete. Wie ihnen das gefiel. Und wie es mir gefiel, dass es ihnen so gefiel.

Oder die Geschichte beginnt damit, dass meine Mutter, eine Vollzeithausfrau mit starkem Willen und bescheidener Bildung, mir stets deutlich zu verstehen gab, wie stolz sie auf jede einzelne Eins in meinen Schul- und Unizeugnissen war. Und damit, dass sie, die mit neunzehn zum ersten Mal schwanger geworden war, mich noch vor meinem sechzehnten Geburtstag, bevor ich mit irgendeinem Jungen auch nur Händchen gehalten hatte, zu ihrem Frauenarzt mitnahm und durchsetzte, dass er mir die Pille verschrieb, damit ich ganz bestimmt keine frühe Mutter würde und erst auf eigenen Beinen stünde, bevor ich mich um einen Mann und alles Folgende zu kümmern hätte, und damit, dass sie mir Bücher zum Geburtstag schenkte, von denen sie auf den Literaturseiten der Brigitte gelesen hatte, lauter Erzählungen von unabhängigen Frauen: »Ich, Tituba, die schwarze Hexe von Salem« von Maryse Condé; »Breaking Glass. Die unheimliche Karriere einer Rockband« von Susan Hill; »Memoiren einer Intellektuellen« von Mary McCarthy.

Oder damit, dass, als ich Mitte dreißig war, einer meiner vielen männlichen Freunde zu mir sagte: »Du wirst dich entscheiden müssen. Wenn du jetzt noch ein Buch schreibst, oder sogar zwei, wird's eng. Das vertragen nicht viele Männer, wenn eine Frau sie in solchen Dingen überflügelt, glaub's mir, ich bin selber einer. Sie werden dich weiterhin ficken wollen, darauf kannst du wetten, aber heiraten werden sie was anderes.«

Vielleicht beginnt die Geschichte, die ich erzählen will, damit, dass ich mit den Schultern zuckte und »So what?« zu dem Freund sagte und mit einer lässigen, schlanken Handbewegung zwei Gin Tonic nachbestellte, praktisch wie im Film, und mir von außen, oben dabei zusah, »Geht auf mich!«.

An irgendeinem Punkt muss ich anfangen. Ich entscheide mich für die gerade erst vergangene Gegenwart.

»KARRIEREFRAU« WÄRE ZU VIEL GESAGT

Der Tag, an dem ich die alleinstehende Frau in mir erkannte, war ein nasskalter Freitag ohne sonstige Reize. Einer Bürokollegin habe ich die Einsicht zu verdanken. Sie ist achtzehn Jahre jünger als ich, stand kurz vor der Geburt ihres ersten Kindes und hatte, da sie monatelang in die Elternzeit verschwinden würde, e