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Die Cum-Ex-Files

Der Raubzug der Banker, Anwälte und Superreichen - und wie ich ihnen auf die Spur kam | Oliver Schröm

E-Book
2021 Ch. Links Verlag
Auflage: 1. Auflage
368 Seiten
ISBN: 978-3-86284-500-2

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Kurztext / Annotation

Es ist der größte Steuerraub der Geschichte: Über Jahre ließen sich Banken und reiche Anleger mithilfe skrupelloser Anwälte Steuern vom Finanzamt erstatten, die sie nie gezahlt hatten. Mit anderen Worten: Sie stahlen unser aller Geld.
Allein in Deutschland waren es circa 36 Milliarden, weltweit etwa 150 Milliarden Euro.
Oliver Schröm deckte die schmutzigen Investments von Finanzjongleuren wie Carsten Maschmeyer auf, enthüllte Olaf Scholz' Verstrickung in die Cum-Ex-Affäre von Deutschlands größter Privatbank, und er rief die internationale Investigativkooperation »CumEx-Files« ins Leben. Hier erzählt er exklusiv von seinen oft abenteuerlichen Recherchen, bei denen er selbst zum Gejagten wurde. Ein Wirtschaftskrimi und ein Sittengemälde zugleich.



Oliver Schröm, Jahrgang 1964, ist Autor des Bestsellers »Die Cum-Ex-Files« und arbeitet für das ARD-Magazin Panorama. Er ist einer der profiliertesten Investigativjournalisten Deutschlands und deckte zahlreiche Affären in Politik, Wirtschaft, Sport und Gesundheit auf. Für seine Recherchen erhielt er mehrere nationale und internationale Auszeichnungen. Er hat elf weitere Enthüllungsbücher geschrieben, u. a. über Terrorismus, Geheimdienste, Politik- und Medizinskandale.



Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

3
Zürich, 16. September 2013

Seit 15 Minuten ist der Mann überfällig. Am Ende der Züricher Bahnhofshalle warte ich darauf, dass der anonymen Anrufer erscheint oder sich zumindest meldet. Ich stehe etwas verloren beim Meeting Point, einem blauen Würfel mit einem dicken weißen Punkt und darauf zulaufenden Pfeilen, der unter einer überdimensionalen Bahnhofsuhr hängt. Vielleicht ein Dutzend Personen warten dort ebenfalls auf ihre Verabredung.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich ein mutmaßlicher Whistleblower mit einem Steuerthema bei mir gemeldet hat. Vor drei Jahren nahm erstmals ein ehemaliger Bankmitarbeiter über einen Mittelsmann zu mir Kontakt auf. Er hatte bei der LTG Treuhand in Liechtenstein im IT-Bereich gearbeitet und ein Tages-Backup mit sämtlichen Kundendaten gestohlen. Ein stern-Interview mit ihm erschien im Sommer 2010 unter der Überschrift »Der Albtraum der Millionäre«. Das Fürstentum Liechtenstein suchte ihn bereits wegen des Datendiebstahls per Haftbefehl, und im Internet waren sieben Millionen Euro auf seinen Kopf ausgesetzt. Der Name des Datendiebs: Heinrich Kieber.

Das Backup enthielt vertrauliche Informationen über fast 6000 Bankkunden weltweit, darunter 46 politische exponierte Personen, sogenannte PEP. Sie hatten bei der LTG Treuhand Vermögen von rund sieben Milliarden Schweizer Franken gebunkert, davon entfielen allein drei Milliarden auf deutsche Kunden. Kieber lieferte die Kontodaten von 1400 »Stiftungen« deutscher Millionäre und von Steuerbetrügern dem Bundesnachrichtendienst. Deutsche Steuerbehörden eröffneten daraufhin 618 Verfahren, mehr als 200 weitere Bundesbürger zeigten sich selbst an. Die Aktion brachte mehr als 220 Millionen Euro ein. Der prominenteste Fall in Deutschland war Klaus Zumwinkel. Der damalige Post-Chef wurde zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe von einer Million Euro verurteilt. Außerdem musste er 3,9 Millionen Euro Steuern nachzahlen. Die Fernsehaufnahmen, wie ihn die Staatsanwältin zum Verhör abführen ließ, wurden zum Symbolbild der Steueraffäre.

Und nun also Carsten Maschmeyer? Zumindest hatte mir der anonyme Anrufer vertrauliche Bankunterlagen zu dubiosen Aktiengeschäften des deutschen Finanzjongleurs in Aussicht gestellt. Ob die Dokumente einen Gesetzesverstoß offenlegen, bleibt abzuwarten. Zunächst ist es nichts Verwerfliches, wenn ein deutscher Staatsbürger ein Konto in der Schweiz, in Liechtenstein oder in Panama unterhält. So lange er das Geld in Deutschland versteuert, ist alles in Ordnung. Aber die Erfahrung mit den Daten von Kieber zeigt: Meist nutzen reiche Leute sogenannte Offshore-Konten, also Konten in Staaten mit niedrigen Steuern und wenig Kontrollen, um dort Geld vor dem Finanzamt zu verstecken oder um darüber schmutzige Geschäfte abzuwickeln.

Die Tage vor dem Abflug nach Zürich habe ich genutzt, um mich in das Thema einzulesen. Schließlich hatte ich bis zu dem Anruf des Bankmitarbeiters noch nie etwas von Cum-Ex gehört. Nach einer Archivrecherche habe ich immerhin so viel verstanden:

Bei Cum-Ex geht es nicht um klassische Steuerhinterziehung, denn hierbei versteckt nicht jemand sein Geld in der Schweiz, in Panama oder einem Offshore-Inselstaat, um keine Steuern zahlen zu müssen, sondern hier greift jemand in die Staatskasse und nimmt sich dort Geld heraus, auf das er gar keinen Anspruch hat. Für mein Verständnis ist das einfach Diebstahl, Steuerraub sozusagen. Letzteres ist ein Begriff, den es in der Rechtsprechung so wohl nicht gibt, aber die Sache ganz gut beschreibt. Und eines ist mir auch klar: Wenn Maschmeyer in diese Geschäfte verwickelt ist, ist das definitiv eine Story für den stern.

Die Lektüre des Archivmaterials erbrachte jedoch noch eine andere Erkenntnis: Das Thema Cum-Ex ist alles andere als neu. Bereits am 13. Juli 2009 hatte der Spiegel darüber berichtete. »Hase und Igel« lautete damals die Überschrift.